Armut macht krank – Krankheit macht arm
Die Dekanin des Fachbereichs Sozialwesen Prof.in Dr.in Heike Wiemert führte in ihrer Begrüßungsrede aus, dass die Veranstaltung einer standortübergreifenden Themenwoche zum Thema „Armut und Gesundheit" an den internationalen Kongress anknüpfe, den die katho im Jahr 2023 unter dem Thema „Die großen Transformationen der Gesellschaft" ausgerichtet hat. Anspruch war es dabei gesellschaftliche Handlungsoptionen zu diskutieren und die Rolle von Wissenschaft und Hochschule für die Gestaltung sozialer Transformationen zu reflektieren. „Weil schon bei dieser Veranstaltung die Themen Armut und Gesundheit nicht nur mitschwangen, sondern die Beiträge und Diskussionen zeigten, dass Armut und Gesundheit sowohl international als auch national eine zentrale Rolle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Wahrung der Menschenwürde, die Selbstbestimmung und die Mitbestimmung spielen, sollte die Themenwoche Raum bieten, Diskussionen weiterzuführen und zu vertiefen, aber auch um lokal und sozialräumlich geprägte Fragen unter dem Themendach aufzugreifen und relevante lokale Akteure einzubeziehen“, so Wiemert.
Armut ein zentraler Gesundheitsfaktor – Krankheit birgt ein höheres Armutsrisiko
Armut und Gesundheit sind eng miteinander verknüpft, und viele Studien zeigen, dass Menschen, die in Armut leben, tendenziell schlechtere Gesundheitsbedingungen haben und ein höheres Risiko für verschiedene Krankheiten und gesundheitliche Probleme aufweisen. Langwierige und chronische Erkrankungen wiederum können sich auf die finanzielle Situation auswirken, weil Behandlungen kostspielig sind, die Leistungsfähigkeit Betroffener eingeschränkt wird und sie in Folge vermindert erwerbsfähig sind.
Das komplexe Zusammenspiel von verschiedenen sozialen, wirtschaftlichen und Umweltfaktoren wurde in drei Vorträgen aufgegriffen und beleuchtet. Dr. Werner Schönig, Professor für Sozialökonomie an der katho, gab zunächst einen Überblick zur Lage in Deutschland im Allgemeinen und zur Lage in Köln im speziellen. Silke Tophoven, Professorin an der Hochschule Düsseldorf, konzentrierte sich in ihrem Beitrag auf die gesundheitlichen Folgen von Armutslagen in Kindheit und Jugend. Mark Oette, Chefarzt am Krankenhaus der Augustinerinnen, berichtete über die ehrenamtliche medizinische Versorgung der CAYA - Praxis e.V. in Köln. Die CAYA-Praxis ist eine feste medizinische Anlaufstelle für Wohnungslose und andere sozial Benachteiligte bzw. Menschen ohne Krankenversicherungsschutz im Containerprojekt „MülHEIMer Arche“ unweit des Wiener Platzes (Bergischer Ring 40), so Oette. CAYA steht für „come as you are“, dass dieses Motto in der CAYA - Praxis gelebt wird, schilderte Mark Oette in seinem Vortrag eindringlich und beeindruckend.
Wissenschaftliche Betrachtungen, gesundheitsförderliche Bewegung, Muszieren und Kochen
In einer anschließenden Workshopphase konnten die Teilenehmenden zwischen zehn Angeboten wählen, in denen verschiedene Perspektiven auf den Zusammenhang von Armut und Gesundheit gerichtet wurden. Von wissenschaftlichen Betrachtungen einzelner Aspekte bis hin zu gesundheitsförderlichen Bewegungsangeboten, die ohne kostspielige Sportgeräte durchgeführt werden können, über einen Musizierworkshop, in dem Musik mit dem gemacht wird „was wir immer dabeihaben: unserer Stimme, Arme/Hände und Beine, um Rhythmen, einfache musikalische Formen und Melodien zu erzeugen“. Bis hin zu einem Kochworkshop, der sich mit der Frage beschäftigt hat, was es bedeutet von staatlichen Mindestsicherungsleistungen zu leben und von welchen Bedarfen, z. B. für Ernährung, bei der Berechnung der Regelsätze ausgegangen wird. Konkret sollte die Frage beantwortet werden, ob es mit dem staatlich vorgesehenen Budget überhaupt möglich ist, gesund zu kochen?
Informationsstände boten in der Mittagspause weitere Möglichkeiten sich mit der Thematik Armut und Gesundheit zu beschäftigen. Darüber hinaus hat Dr. Birgitta Sträter, Professorin für Sozialmedizin an der katho, mit einer Gruppe Studierender interessierte Teilnehmende durch einen Demenz-Parcour geführt. Kreative Betätigung bot ein Stand vor dem Haupteingang, an dem Würde-Tafeln gestaltet werden konnten.
Mit-Mach-Podium und Filmvorführung „Am Kölnberg“
Bevor der Thementag mit einer Vorführung des Dokumentarfilms „Am Kölnberg“ (2014, Regie: Robin Humboldt und Laurentia Genske) ausklang, fand eine Podiumsdiskussion statt, die ausdrücklich darauf ausgerichtet war, dass sich Teilnehmende in die Diskussion mit Themen und Fragen einbringen konnten. Auf dem Podium vertreten waren Mark Oette als Vertreter der CAYA Praxis e.V., Alexander Mavroudis, Leiter LVR-Koordinationsstelle Kinderarmut, Anna Liza Arp, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der katho und Koordinatorin des Masterstudiengangs Innovationsmanagement in der Sozialen Arbeit sowie Carola Arndt, Mitglied im Vorstand von bbe e. V. – Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern. Thematisiert wurde wie groß und wichtig insbesondere das ehrenamtliche Engagement im Bereich Armut und Gesundheit für Betroffenen ist. Gleichwohl Deutschland eines der reichsten Länder der Erde ist, ein gut entwickeltes Gesundheits- und Sozialsystem und eine gesetzliche Krankenversicherungspflicht hat, bleibt Armut dennoch ein zentraler Gesundheitsfaktor sowie Krankheit ein Armutsrisiko. Diese komplexen Zusammenhänge müssen weiterhin dringend angegangen werden. Bei der Armutsbekämpfung kommt nicht zuletzt der Sozialen Arbeit eine wichtige Rolle zu, sie ist systemrelevant.
Der Thementag hat eine hohe Resonanz erfahren, eine Lehrkraft, die ihre Schüler_innen begleitet hat, bedankte sich im Namen der Kolleg_innen und Schüler_innen für die Veranstaltung und teilte uns mit, dass ihr Leistungskurs Gesundheit die Chance hatte, zwei abiturrelevante Themen sehr eindringlich zu erleben und konnte erfahren, dass der schulische Lehr(n)stoff in der Praxis relevant ist. Die Schule habe insgesamt wertvolle Aspekte für die eigene Arbeit in den OGSen mitnehmen können.