Im Raumschiff überfachliche Kompetenzen trainieren: ‚Interpersonal Skills LAB‘ überzeugte Teilnehmende
Als sich 20 Personen, die sich aus katho-Studierenden, Lehrenden und Vertreterinnen des Landesverbands der Hebammen NRW e. V. zusammensetzten, am Morgen des 27. Juni in der katho am Standort Köln trafen, war bereits ein beeindruckendes Setting aufgebaut: An mehreren Gruppentischen waren zwei Laptops gegenüberliegend positioniert, Beamer projizierten in dem abgedunkelten Seminarraum das Thema des Tages an die Tafel: „Human Factors & Überfachliche Kompetenzen –Training mit dem Interpersonal Skills LAB“.
Das Training wurde von Prof. Dr. Andreas Becker im Rahmen seiner Lehre im Fach Patientensicherheit angeboten, unterstützt wurde er dabei von Severin Federhen (Lehrbeauftragter). Zum Training gehören Kompetenzen wie Führungsverhalten, Kommunikationsverhalten, Situative Wahrnehmung, Umgang mit Stress, Entscheiden in komplexen Situationen oder Workflow. „Die fachlichen Kompetenzen von Mitarbeitenden allein sind nicht ausreichend, um in komplexen Arbeitswelten erfolgreich zu agieren“, sagte Andreas Becker, der als Arzt, Hochschullehrer und Pilot eine außergewöhnliche Expertise mitbringt. „Vielmehr bedarf es heute zusätzlicher überfachlichen Kompetenzen, die im ‚Interpersonal Skills LAB‘ gemeinsam trainiert werden und letztlich zu einer Weiterentwicklung der Handlungskompetenz führen.“
Aufgaben konnten nur mit Teamwork gelöst werden
Um eine gemeinsame Basis für das anstehende Training zu haben, wurden die Teilnehmenden in eine Weltraumsituation versetzt. Im Cockpit sitzend, das mit den Laptops simuliert wurde, mussten sie in einzelnen Teams mit bis zu fünf Personen unter Zeitdruck Probleme an Bord lösen und komplexe Aufgaben meistern. Diese herausfordernde Aufgabe konnte ihnen jedoch nur in Teamwork und mit gezielter Kommunikation gelingen. Dabei durften die Arbeitssituationen mit den gegenüberliegenden Laptops untereinander nicht eingesehen werden. Schnell wie im echten Arbeitsleben beispielsweise in Kliniken – also unter Zeit- und Handlungsdruck sowie mit einer großen Informationsflut – waren die Teammitglieder auf Kommunikation untereinander angewiesen.
Im Laufe des Tages trainierten die Gruppen intensiv ihre überfachlichen Kompetenzen im imaginären Raumschiff. Wie gut oder schlecht ihnen das gelungen war, verdeutlichten die technischen Messergebnisse über die Laptops, je eine Beobachterperson pro Team und das Feedback der anwesenden Trainer. Zuletzt konnte ein Transfer in die berufliche Praxis gemacht werden. Die Erfolgserlebnisse in den Teams hatten bei allen Teilnehmenden eine nachhaltige Wirkung.
Andere Blickpunkte und Perspektiven durch Simulation möglich
Prof.in Dr.in Sabine Hartmann-Dörpinghaus fand den Trainingstag durchaus herausfordernd: „Man braucht einiges an Mut, mit wildfremden Menschen im Team zusammenzuarbeiten und ihnen zu vertrauen“, sagte sie. Als Studiengangsleiterin der „Hebammenkunde“ sieht sie das ‚Interpersonal Skills LAB‘ als Bereicherung für Studierende: „Besonders beeindruckend fand ich, dass sehr viele Softskills, die Hebammen in Not- oder Stresssituationen brauchen, im Training mitgedacht wurden.“
Das sah auch die Studierende Julia Güther so: „Die Simulation hilft total, um andere Blickpunkte und Perspektiven zu bekommen.“ Schnell werde klar, wie man im Team besser agieren kann – in Notfallsituationen im Schockraum des Krankenhauses oder bei Hausnotfällen. Ihre größte Erkenntnis: „Es ist immer lauter, als man denkt“, so Julia Güther lachend. „Und man muss oft einen Schritt zurückgehen, gucken, was ich als Nächstes tun kann, und anschließend noch mal gucken, ob die Maßnahme etwas gebracht hat.“ Hilfreich ist auch immer der Außenblick der Beobachterperson.
Begeisterung auch bei den Vorsitzenden des Landesverbandes der Hebammen NRW
Ebenso wertschätzten die beiden externen Gäste vom Landesverband der Hebammen NRW, Michelle Rump (1. Vorsitzende) und Sonja Kleinrath (2. Vorsitzende), den Trainingstag an der katho: „Das Skills Lab ist losgelöst von meinem Arbeitsumfeld und es ist eine Trainingssituation, in der über mich selbst reflektieren konnte“, so das Fazit von Michelle Rump, „das hat mich total überzeugt.“ Für Sonja Kleinrath war auch die größte Erkenntnis, mehr über sich in Stresssituationen zu erfahren: „Ich hatte eine andere Einschätzung meiner Kompetenz, als sie tatsächlich war – und das ging meiner gesamten Gruppe so.“ Zwischenzeitlich empfiehlt der Landesverband der Hebammen NRW die Teilnahme an diesem Training auf seiner Webseite.
Integration in die Lehre im Fach Patientensicherheit
Das computergestützte Trainingsverfahren, das im Jahr 1998 für das sicherheitsgerichtete Verhaltenstraining von Piloten einer großen deutschen Luftfahrtgesellschaft entwickelt wurde, wird an der katho für Studierende der Bachelorstudiengänge „Pflegemanagement“, „Hebammenkunde“ und „Angewandte Hebammenwissenschaft – Midwifery“ ab Januar 2025 im Fach Patientensicherheit regelmäßig angeboten. Die vier Trainings, die vom 13. bis 16. Januar 2025 stattfinden, sind mit insgesamt 80 Teilnehmenden bereits komplett ausgebucht. Dies zeigt das große Interesse der Studierenden am Fach Patientensicherheit, Human Factors und Überfachlichen Kompetenzen. Weitere Termine werden im Laufe des Jahres 2025 folgen.