Inklusion statt Isolation: Sport als Weg, sozial dabei zu sein!
Wer oder was hindert Menschen teilzunehmen – in der Arbeitswelt, am sozialen Leben und vor allem: am Sport? Was müssen wir tun, damit alle Menschen den Sport ihrer Wahl ausüben können? Welche Einflussmöglichkeiten bestehen in Einrichtungen, Kommunen, auf Landes- oder Bundesebene? Diese Fragen standen im Zentrum des BGW-Sportsymposiums, das am 13. März 2024 im Berliner Humboldt-Carrée stattfand. 150 Gäste aus Sportverbänden, Politik und Eingliederungshilfe waren eingeladen, um Erfahrungen und Ideen auszutauschen sowie Lösungen zu finden.
Sport hält gesund und vermindert Unfallgefahren – ermöglicht aber auch soziale Teilhabe und steigert das Wohlbefinden. Als gesetzliche Unfallversicherung liegt es der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) nach eigener Aussage besonders am Herzen, dass alle Menschen den Sport ihrer Wahl ausüben können. Doch was muss getan werden, um dies zu erreichen? Welche Einflussmöglichkeiten bestehen in Einrichtungen, in Kommunen und auf Ebene der Landes- und Bundespolitik?
Durch eindrucksvolle Grußworte von Jürgen Dusel, dem Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, wurde deutlich, Sport kann Menschen mit Behinderungen Chancen eröffnen, kann helfen, sich mit anderen zu verbinden, Gemeinschaft zu erleben, unter Gleichgesinnten zu sein, sich weniger isoliert zu fühlen. Sport eröffnet die Möglichkeit zur sozialen Teilhabe und verbindet Menschen.
In einer der Diskussionsrunden zum Themenblock „Gesetzgebung“ war Prof.in Dr.in Sina Eghbalpour der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (Standort Aachen) vertreten. Hier diskutierte sie unter anderem zu der Fragestellung „Sport als Leistung zur Teilhabe - zwischen Gesetz und Anspruch“ mit Jürgen Dusel, Dr. Stefan Esser, Rechtsanwalt, sowie Dirk Lewandrowski, Vorsitzender der Bundearbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger.
Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen sollten verändert werden, damit Sport und Bewegung einen höheren Stellenwert für Menschen mit Behinderungen insbesondere in Einrichtungen erhält? Welchen Einfluss haben die Vorgaben aus dem Gesetz auf die Finanzierung von arbeitsbegleitenden Maßnahmen und bei der Bedarfsplanung? Wie sieht der rechtlichen Rahmen für Assistenzleistungen aus?
Für diese und noch viele weitere Fragen wurde versucht, Ansätze und Lösungsmöglichkeiten zu finden. Grundlage dafür bot der spannende Vortrag von Dr. Stefan Esser, der die aktuelle Gesetzesgrundlage darstellte und aufzeigte, dass das Gesetz inhaltlich gerade im Bereich der Teilhabe an Sport hinter den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention zurückbleibt. Er skizzierte, warum im Gesetz, neben der bloßen Assistenz zur Teilhabe an sportlichen Aktivitäten im Freizeitbereich, weitere Teilhabeziele – wie Weiterqualifizierung, Schutz, Haltgebung und Entwicklungsförderung – benannt werden sollten und wie ein eigener Leistungstatbestand aussehen kann.
Sina Eghbalpour machte in der anstehenden Podiumsdiskussion deutlich:
„Im Hinblick auf rechtliche Verankerungen in der UN-Behindertenrechtskonvention wie auch im Bundesteilhabegesetz zeigt sich, dass entsprechende Ansprüche dafür geltend gemacht werden können. Wir sollten diesen Rechtsanspruch weiter schärfen und einen eigenen Leistungstatbestand einfordern, damit die Teilhabe am Sportvereinssystem für Menschen mit Beeinträchtigung auch tatsächlich ermöglicht werden kann!“
Die BGW wollte mit dieser Veranstaltung Handlungsbedarfe aufzeigen und zu einem Plan formulieren, um notwendige Veränderungen für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Sport anzustoßen. Insgesamt wurde deutlich, dass auf allen Ebenen Handlungsbedarfe bestehen: bei der Gesetzgebung, in den Sportstrukturen und in der praxisnahen Umsetzung in den Kommunen. Prof.in Dr.in Sina Eghbalpour resümmiert:
„Um Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigung im Sport verbessern zu können, braucht es zweifelsohne einfache und pragmatische Lösungen für die Beantragung von Assistenzen und den Fahrdiensten im Sportvereinssystem. Antragsverfahren müssen sowohl niederschwellig und einheitlich geregelt sein als auch mit deutlich umfassenderen Fachleistungsstunden im Freizeitbereich bewilligt werden.“
Prof. Dr. Sina Eghbalpour
Professorin
Aachen, Sozialwesen