„Jeder wird seinen Weg finden...“: Festliche Zeugnisvergabe im Fachbereich Theologie
Jedes Jahr im Sommer: Die festliche Übergabe der Abschlusszeugnisse an die Absolventinnen und Absolventen der Bachelorstudiengänge Angewandte Theologie und Religionspädagogik. Jedes Jahr im Sommer? Nicht ganz: Corona hat uns alle aus dem Takt gebracht. In den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 gab es zwar – unter strengen Bedingungen – Abschlussgottesdienste und auch eine Zeugnisvergabe. Aber die Zahl der Anwesenden war klein, der Rahmen pandemiebedingt eher schlicht.
Festlicher, stimmungsvoller Gottesdienst
Anders in diesem Jahr. Wir versuchen es am 16. Juli 2022 mit der Normalität, sind zugleich aber auch vorsichtig. Zu sehen sind Masken, Selbsttests sind selbstverständlich. Eine frohgestimmte Gruppe der 19 Absolventinnen und Absolventen findet sich zunächst mit ihren Familien, Freundinnen und Freunden in der schönen Paderborner Gemeindekirche St. Meinolf zu einer mittäglichen Eucharistiefeier ein. Hauptzelebrant P. Cornelius Wanner OSB, den Studierenden aus ihren Zeiten im Pauluskolleg ein geschätzter Wegbegleiter und Ratgeber, begrüßt die Anwesenden mit freundlichen Worten: Er lädt sie ein, sich in dieser Stunde dem anzuvertrauen, der uns Wegbegleiter und Schutz ist. Und er erinnert an die vielen guten Begegnungen, die er mit den Studierenden im Pauluskolleg hatte. Mit am Altar: Der ehemalige Personalverantwortliche des Erzbistums Paderborn, Msgr. Andreas Kurte, nunmehr Pfarrer in St. Michael und St. Johannes, Brakel, und Leiter des Pastoralen Raumes Brakeler Land. Pfarrer Kurte kennen die Absolvent_innen aus vielen intensiven Begegnungen im Pauluskolleg sehr gut. Die Predigt hält Domvikar Msgr. Prof. Dr. Wilhelm Tolksdorf, Vertreter der Pastoraltheologie am Fachbereich. In seiner Ansprache verweist er auf die vielfachen Herausforderungen, die die künftigen beruflichen Tätigkeitsfelder für unsere Absolvent_innen bedeuten werden. Ohne Blessuren, Enttäuschungen und Schwierigkeiten werde es da nicht abgehen. Im bekannten Evangelium von Maria und Marta sieht er allerdings einen Weg, mit Spannungen und Schwierigkeiten, die die Seelsorge in einem säkularen Umfeld vorfindet, konstruktiv umzugehen. Der Prediger erinnert hier an eine Haltung, die sich im Hören und Schauen je neu auf das Handeln einlässt und darin Kraft gewinnt, auf Widerstände gut, vor allem angemessen, zu reagieren. Der Gottesdienst wird von Studierenden liturgisch wie musikalisch liebevoll (Team Gottesdienst und Gesang: Lena Bowen, Christin Brüning, Anna Freckmann, Daniel Heiduk, Alexander Kolka, Johanna Küster, Sonsoles Vera Braun, Sophia Spieth, David Gorny, Thomas Janocha, Sampras Jesurasa) gestaltet, es erklingen in erlesenen Soli und im Gemeindegesang moderne geistliche Lieder. Zum Ende des Gottesdienstes wartet Msgr. Andreas Kurte noch mit einer Überraschung auf: Er lädt den Jahrgang unserer Absolventinnen und Absolventen zu einer Brauereibesichtigung ein, eine Einladung, die eine sehr gut vernehmbare und herzliche Zustimmung findet.
Feierstunde und Festvortrag
Die Feierstunde zur Vergabe der Bachelorzeugnisse findet im festlich geschmückten Auditorium Maximum der katho statt. Zu Beginn erklingt Gitarrenmusik. Ozan Coskun von der Musikhochschule Detmold interpretiert stilvoll und einfühlsam die „Phantasie Variationen“ von Fernando Sor. Freudig begrüsst Prof. Dr. Kai G. Sander, der Dekan des Fachbereichs Theologie, sodann die 19 Absolvent_innen, deren Familien und Freunde. Unter ihnen sind auch drei Studierende aus dem Fernstudium, die heute ihr Zeugnis entgegennehmen können: Schwester Melanie Kluth, Frau Stephanie Normann und Frau Andrea Rudolphi. Dass das Studium in den letzten beiden Jahren stark durch die Pandemie und die Umstellung auf „distance learning“ geprägt war, ist auch der Grund dafür, dass ein gutes Drittel der Studierenden des Jahrgangs 2019/20 an diesem Tage noch keinen Abschluss feiern kann, sondern das Studium noch ein oder zwei Semester fortsetzen wird.
Zur heutigen Feier begrüßt der Dekan zahlreiche Ehrengäste, darunter Frau Cordula Picht vom Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn, Frau Mareile Mevihsen vom Bischöflichen Generalvikariat Aachen, sowie aus dem Pauluskolleg die beiden Direktorinnen Anna Mühlberger und Michalea Welling sowie Frau Ann-Kristin Idzik und Frau Anke Scheipers. Besonders herzlich heisst der Dekan Herrn Prof. Dr. Hans Martin Weikmann willkommen: Gerne hat es unser Kollege, der erst vor kurzem noch, am 29. Juni 2022, vor einem großen Auditorium in unserem Fachbereich seine Last Lecture gehalten hat, übernommen, den Festvortrag zu halten. Auch für unseren Dekan ist diese Stunde eine ganz besondere: Nach sechs Jahren endet seine Zeit als Dekan, ab dem kommenden Wintersemester 2022/23 wird Frau Prof.in Dr. Bergit Peters ihm in diesem Amt nachfolgen. So mischt sich in seine Freude über die erfolgreichen Abschlüsse ganz offensichtlich eine leichte Wehmut. Etwas nachdenklich erinnert er daran, dass sich kirchliche Biographien im Heute nicht mehr so selbstverständlich ergeben wie noch vor zwei oder drei Jahrzehnten. Studierende suchen heute ihre ganz eigene Perspektive, sie setzen mittlerweile in ihren Studien sehr eigene Akzente und Zeiten. Und auch die Berufswahl ist nicht mehr selbstverständlich – die Realitäten in Gesellschaft und Kirche eröffnen viele, ungeahnte Möglichkeiten. So werden auch nicht alle unserer 19 Absolvent_innen nach ihrem Studium sofort in den kirchlichen Dienst gehen. In einem ist sich Dekan Sander aber sehr gewiß: Jede unserer Absolventinnen wird ihren Weg, jeder unserer Absolventen wird seinen Weg finden.
Der Rede des Dekans folgen in bewährter Weise zahlreiche Grußworte. Der Stellvertretende Landrat Jörg Schlüter gratuliert den Absolvent_innen im Namen des Landkreises. Sein Grußwort ist unorthodox: Er bittet die Studierenden, gut mit der Welt, der Natur, dem Leben umzugehen. Sie mögen immer, wie er sagt, „im Regen tanzen“! Und er bittet sie, sich - wo auch immer - für die Natur und für das Klima einzusetzen. Der erste Stellvertretende Bürgermeister der Stadt Paderborn, Dietrich Honervogt, überbringt die Glückwünsche von Bürgermeister und Rat. Er lobt die gute und enge Zusammenarbeit von Stadt und Hochschule, er lobt unsere schönen Räumlichkeiten, den herrlichen Park hinter dem Erzbischöflichen Priesterseminar und unserer Hochschule – und gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Absolvent_innen der katho im Beruflichen wie im Privaten Erfolg und Erfüllung finden. Und er hofft, dass die Studierenden ihre Zeit in Paderborn als eine gute und erfüllende Zeit erlebt haben. Der Kirche wünscht er, dass sie durch neue Gesichter neues Profil und neue Kraft finde. Schwester Rita Niehaus, Personalverantwortliche aus dem Bistum Osnabrück und Sprecherin der Ausbildungsleiterkonferenz, beglückwünscht unsere Studierenden zum erfolgreichen Abschluss ihres Studiums. Auf ihre eigene, ganz herzliche Weise dankt sie allen, die an der Ausbildung und am Gelingen der Studien mitgewirkt und zu deren Erfolg beigetragen haben. Den Absolvent_innen rät sie, sich im Herzen immer Platz für Neues zu bewahren. Und sie verspricht, dass die Studierenden auch in Zukunft mit ihren Heimatbistümern verläßliche und engagierte Wegbegleiter haben werden. Julian Heese vom Bonifatiuswerk Paderborn spricht unseren Absolvent_innen auch seinerseits beste Glückwünsche aus. Er ruft die enge Kooperation von Bonifatiuswerk und Fachbereich in Erinnerung und ermutigt die Anwesenden, ihr Studium und ihr Leben aus einer Bereitschaft zur Mission zu gestalten. Für das Pauluskolleg spricht das Team der Hausleitung, Frau Michaela Welling und Frau Anna Mühlberger. Sie erinnern in ihrem Grußwort an gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse, die die Studierenden wohl nachdrücklich geprägt haben. Gerade in den schwierigen Zeiten der Pandemie sei die Gemeinschaft der Hausbewohner_innen zusammengewachsen. So gehe nun eine gute Zeit zu Ende – für die anstehenden Herausforderungen der nächsten Lebensphase wünschen Frau Mühlberger und Frau Welling unseren Studierenden Gottes reichen Segen. Und sie versprechen: Die Kommunität der Studierenden wird die Absolvent_innen in ihren Gedanken und in ihrem Gedenken begleiten. Mit einem Video präsentiert sich der Förderverein der „Freunde und Förderer des Pauluskollegs“. Dessen Vorsitzende Yvonne Püttmann und Sophia Grotmann laden unsere Absolvent_innen ein, aus vielen und sehr guten Gründen über eine Mitgliedschaft nachzudenken.
Tradition und Reform – Impulsgeber für neue kirchliche Wege
Auf das stimmungsvolle „Caprichio Arabe“ von Francesco Tarega, herrlich musiziert von Ozan Coscun, folgt der Festvortrag „Vergessene Traditionen – Impulsgeber für Reformen in der Kirche?“ In seinen Überlegungen zeichnet Prof. Dr. Hans Martin Weikmann die Vielschichtigkeit kirchlicher Überlieferungsprozesse an ausgewählten Beispielen aus der Kirchengeschichte nach. Der Begriff der Tradition erweist sich darin als eine erstaunlich flexible Größe: Der „eine Glaube“ legt sich aus in den „vielen Consuetudines“, neue Gewohnheiten erwachsen aus vorherigen Traditionen zu einem neuen Kompositum. Das, was eine echte, authentische Tradition ist oder wird, findet sein Maß am Anspruch des Evangeliums und will je neu – nach Art, Umfang und Ort – im „Sensus fidei fidelium“, in der „Scheidung der Geister“ durch das Volk Gottes, erkannt und in der Lebenspraxis beglaubigt werden. So entsteht eine Kirche, die sich als „ecclesia semper reformanda“ weiß und verhält. Der herzliche Beifall zeigt einmal mehr, wie sehr unser Kollege von Lehrenden wie auch Studierenden geschätzt ist. Der Dekan dankt Herrn Prof. Dr. Weikmann ganz herzlich für seine anregenden und hilfreichen Darlegungen.
Studienzeiten im Rückblick – Zeugnisvergabe und Dankesworte
Auf das „Caprichio Diabolico“ von Mario Castelnuovo-Tedesco folgt sodann der große Moment, auf den die Absolvent_innen schon längst warten: Die Übergabe der Abschlußzeugnisse durch den Dekan des Fachbereichs. Dekan Prof. Dr. Kai G. Sander darf, assistiert von Prodekan Prof. Dr. Werner Wertgen, in diesem Jahr 19 Zeugnisse überreichen. Da darf dann natürlich das obligatorische Gruppenfoto nicht fehlen! Auch in diesem Jahr hat es sich die „Bank für Kirche und Caritas“, Paderborn, nicht nehmen lassen, Preise für herausragende Abschlussarbeiten im Fachbereich Theologie der katho zu stiften. Freudig verliest Dekan Prof. Dr. Sander das Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Bank, Herrn Dr. Richard Böger. Ausgezeichnet und belohnt mit einem Preisgeld von je 333 Euro werden drei Arbeiten: Schwester Melanie Kluth hat ihre Bachelorarbeit unter das Thema gestellt: „Katholische Unternehmenskultur. Relevanz und Entwicklungsmöglichkeiten in katholischen Pfarreien aus dem Blickwinkel der theologischen Ethik“ (Erstgutachter: Prof. Dr. Werner Wertgen) und wird dafür zurecht geehrt. Gewürdigt werden auch die zwei Masterthesen, die Herr Urs von Wulfen und Frau Anja Fecke am Fachbereich Theologie im postgradualen Masterstudiengang „Theologische Bildung“ vorgelegt haben und die zeitnah zur Publikation anstehen. Urs von Wulfen bearbeitete die Frage: „Ereignet sich Gott im anderen Menschen auch im digitalen Raum?“ und Anja Fecke erörterte, ob „Social Media als neuer Grundvollzug der Kirche“ angesehen werden könne.
So geht nun die Feststunde ihrem Ende zu. Der Dekan dankt allen ganz herzlich, die zum Gelingen des Nachmittags beigetragen haben: Frau Marina Hermens für ihren - in diesen von Quarantäne und Corona geprägten Tagen - gewiß nicht immer leichten Dienst, im Prüfungsamt alle Unterlagen für den Abschlusstag zusammenzustellen, findet hier dankbare Erwähnung. Erwähnung findet auch der kompetente Einsatz unserer Dekanatsreferentin, Frau Ingrid Menzel, die sich um jedes Detail der Bachelorfeier liebevoll gekümmert und so zu deren Gelingen wesentlich beigetragen hat. Dank auch an das zweite und vierte Semester für ihre „Dienste an den Tischen“, Dank auch an unseren vorzüglichen Gitarristen, Herrn Ozan Coskun! Und ein ganz spezieller Dank geht dann noch an Thomas Janocha, B.A. – Herr Janocha hat sich nicht nur um die Technik auf der Abschlussfeier gekümmert, sondern die Gruppe der Dozierenden in allen Fragen der IT während der vergangenen Semester immer wieder aufs Beste beraten, unterstützt und aus manchen (digitalen) Nöten befreit.
Das letzte Wort aber haben die Studierenden.
Lena Bowen, B.A. und David Gorny, B.A. ziehen auf heitere Weise studentische Bilanz aus den vergangenen drei Jahren. Sie erinnern an Begebenheiten aus dem „Paulus“, sie erzählen aus den Praktika. Und sie ermutigen uns: Bringt die Dinge zu einem guten Ende – und dann feiert! Auf liebevolle und sehr originelle Weise würdigen sie sodann unser Dozierendenkollegium, danken sie Frau Menzel und Frau Hermens. Frau Andrea Rudolphi, B.A. dankt für die Gruppe der Fernstudierenden vor allem Frau Angelika Stracke, B.A. und ihrer engagierten, hilfreichen Präsenz im Fernstudiengang. Für alle gibt es eine gute Flasche Wein – freilich mit einem eigenen, originellen Etikett: Einem Gruppenfoto der Absolvent_innen. Das Pauluskolleg erhält aber eine besondere Gabe: Ein Gruppenfoto – und ein Grillbesteck mit einer Gravur, die das scheidende sechste Semester als seinen Spender ausweist. Nun ist auch an der Husener Strasse 43 der Hausstand komplett... der komplettiert sich allerdings auch im Dekanat des Fachbereichs – denn auch hier wird bald ein Gruppenfoto des Semesters die frischgestrichene Bürowand zieren.
So geht der Festakt nachdenklich und dabei zuversichtlich zu Ende. Noch einmal erklingt die Gitarre. Ozan Coskun spielt – passend zum Moment – „Invocation y Danza“ von Joaquin Rodrigo. Ein wundervolles Stück. Und eine gute Wahl! Denn unsere Absolvent_innen freuen sich nun auf einen schönen Bachelorball im Kreise ihrer Familien und Freund_innen. Und wir alle freuen uns auf eine vorlesungsfreie Zeit, in der wir ein spannendes und anregendes Sommersemester nachklingen lassen können. Wie sagte der scheidende Dekan, Prof. Dr. Kai G. Sander? „Jeder wird seinen Weg finden“ – das hoffen wir für uns und unseren Fachbereich, das hoffen wir für unsere Studierenden. Und wie es so geht an der katho: Darüber bleiben wir im Gespräch, die Lehrenden, die Studierenden und die „Ehemaligen“. Niemals geht man so ganz.
Text: Prof. Dr. Wilhelm Tolksdorf