„Neben systemerhaltenden ‚Pflastern‘ braucht es einen Systemwechsel!“
Die Kinder- und Jugendhilfe unterliegt dem Ausbau vorhandener und neuer Arbeitsfelder sowie tiefgreifenden Veränderungen, die den Bedarf an qualifizierten Fachkräften erhöhen. Doch bereits heute verzeichnen die Sozial- und Erziehungsberufe die aktuell größte Fachkräftelücke unter allen Berufsgruppen. Vor diesem Hintergrund wurden im Transferforum Heimerziehung Lösungsansätze entwickelt und diskutiert, wie man mit dem sich verschärfenden Fachkräftemangel umgehen kann. Deutlich wird: Die Politik ist gefragt, denn die Lösungsansätze auf Einrichtungsebene sind nahezu ausgereizt. So ist der Ausbau von Ausbildungsangeboten eine zentrale Stellschraube zu der Überwindung des Fachkräftemangels und der Absenkung von Leistungsstandards.
Am 25. September fand zum mittlerweile achten Mal das Transferforum Heimerziehung statt. Eingeladen von Sabrina Schmidt, Sebastian Wen und Joachim Windolph und moderiert von Karla Verlinden diskutierten Vertreter_innen der Hochschule mit Praxispartner_innen Fallverläufe in die und in der Heimerziehung sowie das alles überschattende Thema des Fachkräftemangels.
Im Mittelpunkt der Veranstaltungshälfte stand der Vortrag von Julia Langens und Miriam Droste, zwei Masterstudentinnen der katho, die im Rahmen eines von Prof’in Dr. Sabrina Schmidt und Prof. Dr. Sebastian Wen geleiteten Lehrforschungsprojekts bundesweit Hilfeverläufe junger Menschen in die und in der Heimerziehung untersuchten. Auf Basis von 386 Fallverläufen wurden verschiedene Determinanten analysiert, die diese Verläufe beeinflussen. Auffällig in der Untersuchung ist die sehr große Gruppe junger Menschen, die ohne eine vorherige Erziehungshilfe direkt stationär untergebracht wurden. Ein solcher Hilfeverlauf wird insbesondere durch das Alter des jungen Menschen, die Herkunftsfamilie, eine mögliche vorherige Inobhutnahme und interessanterweise durch die Gemeindegröße beeinflusst.
In der zweiten Hälfte der Veranstaltung stand eben dieser Fachkräftemangel im Fokus. Im Rahmen eines Worldcafés erörterten und diskutierten die Teilnehmenden unterschiedliche Ansätze im Umgang mit der angespannten Personalsituation.
Die anschließende Ergebnisbündelung im Plenum machte vor allem zwei Aspekte deutlich: die Einrichtungen bemühen sich mit einer Vielzahl von kreativen Strategien, um auf die Situation zu reagieren und können durch Orte des Austausches – wie beispielsweise im Transferforum – voneinander lernen. Die einrichtungsübergreifende Kooperation ist damit einerseits so wichtig wie nie zuvor. Andererseits wird deutlich, dass all diese Bemühungen nicht ausreichen werden, dem Fachkräftebedarf zu begegnen. Um der bereits in Gang gesetzten Diskussion um die Absenkung von Leistungsstandards zu begegnen, ist neben der Ausweitung der Ausbildungsangebote ein Systemwechsel auf politischer Ebene notwendig.