Rückblick: Krisenresilienz und Erziehungsberatung? Pandemie als Treiber sozialer Reflexion und Innovation
Im Rahmen der Vortragsreihe ‚Und jetzt? Die Covid-19-Pandemie und die Konsequenzen aus der Sicht von Sozialer Arbeit, Gesundheitswesen und Bildungsarbeit‘ beschäftigten sich Mathias Berg (katho, Aachen), Stephan Rietmann (Psychologische Beratungsstelle Borken) und Maik Sawatzki (Universität Münster) unter dem Titel Krisenresilienz und Erziehungsberatung am 28.06.2021 mit den Folgen der Pandemie als Treiber sozialer Reflexion und Innovation. Diese Veranstaltung bildete die letzte in der genannten Vortragsreihe im Sommersemester an der Abteilung Aachen.
Den Auftakt der Veranstaltung machte Maik Sawatzki zum Thema: „Jugendhilfe und Erziehungsberatung in der Pandemie – Herausforderungen für Institution(en), Professionelle und Adressat_innen“. Kern seines Vortrags bildeten die drei Dimensionen: Politisierung, Flexibilisierung und Digitalisierung. Demnach mussten Einrichtungen der Jugendhilfe und Erziehungsberatung in der Pandemie gesellschaftliche und strukturelle Problemlagen mitdenken, flexibel auf die neue Lebenswelt ihrer Adressat_innen reagieren und digitale Angebote bereitstellen. In seinem Vortrag beleuchtete Sawatzki neben dem Schub der Digitalisierung in der Erziehungsberatung auch die Grenzen dieser Formate, besonders im Hinblick auf die Beziehungs- und Vertrauensarbeit zu Kindern und Jugendlichen und auch die Nutzungsgerechtigkeit dieser Medien. Im anschließenden Gespräch mit Mathias Berg wurde darüber noch weiterführend unter dem Titel „Erziehungsberatung und Digitalisierung – innovative Reaktionen?“ diskutiert. Hierbei wurde auch der Aspekt der Nutzungsgerechtigkeit noch einmal aufgegriffen und im Zusammenhang von Niedrigschwelligkeit und Komm-Strukturen der Erziehungsberatung im digitalen Raum besprochen. Als Ausblick wurde thematisiert, inwieweit digitale Angebote weiterhin Bestand haben werden und wie es gelingen kann, dass die Digitalisierung in den Erziehungsberatungsstellen nicht rückläufig agiert. Dies wurde auch mit den Teilnehmer_innen gemeinsam diskutiert.
Nach einer kurzen Pause folgte der Vortrag „Algorithmische Verhaltensmodifikation“ von Stephan Rietmann. Zunächst beschrieb er die Funktionsweisen und Auswirkungen von Algorithmen auf unser tägliches Leben und erläuterte Beispiele, wie Algorithmen im Sozial- und Gesundheitswesen bereits zum Einsatz kommen, z. B. in der Depressionsdiagnostik. Weiter erläuterte er die Resultate von durch Digitalisierung und Algorithmen geprägte Selbstoptimierungsprozesse und Beziehungskulturen auf unsere Hirnentwicklung. Ein weiterer Aspekt seines Vortrags befasste sich mit dem Thema: „Von der Hilflosigkeit zur Selbststeuerung: mentales Training für Berater_innen“. In Zuge dessen betonte Rietmann die synchrone Betroffenheit bei Berater_innen und Klient_innen während der Corona-Pandemie. Üblicherweise kommt beispielsweise jemand mit einer Scheidungsthematik oder einem gesundheitlichen Problem in die Beratungsstelle und der_die Berater_in ist nicht betroffen. In der Pandemie herrschte jedoch eine synchrone soziale, wirtschaftliche, medizinische und mediale Betroffenheit so dass der_die Berater_in und der_die Klient_in gleichermaßen betroffen waren. Zum Abschluss seines Vortrags stellte er im Gespräch mit Mathias Berg das Projekt „Gedankengänge – ein Angebot mobiler Beratung (nicht nur) in pandemischen Zeiten“ vor. Das Projekt entwickelte sich während der Corona-Pandemie. Kern des Projektes ist es, durch den gemeinsamen Spaziergang und damit einhergehender Methoden, die Reflexionsprozesse anzuregen. Zum Ende seines Vortrags führte Stefan Rietmann alle Teilnehmer_innen durch eine geführte Übung zur Stärkung der Selbststeuerung von Berater_innen.
In der nachfolgenden Gesprächsrunde diskutieren die Referenten mit zahlreichen Teilnehmer_innen der Online-Veranstaltung die Möglichkeiten einer digitalen Erziehungs- und Familienberatung.
Text: Lea Pauls