Sexuellen Kindesmissbrauch mit Grundschulkindern thematisieren!
Im Jahr 2023 wurden 16.375 Fälle sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland polizeilich erfasst, wobei die Mehrheit der betroffenen Kinder im Grundschulalter ist. Dies verdeutlicht die Dringlichkeit, Präventionsmaßnahmen in den schulischen Alltag zu integrieren. Neben der Vermittlung grundlegender Botschaften – wie der Tatsache, dass Täter_innen häufig aus dem sozialen Nahfeld stammen und Kinder keine Schuld trifft – hob Verlinden die Bedeutung einer umfassenden sexuellen Bildung hervor, die eine Querschnittsaufgabe aller Schulfächer sein sollte. Eine wirksame Prävention erfordert die Einbettung entsprechender Botschaften in eine achtsame und respektvolle Schulkultur.
Besondere Relevanz sieht Verlinden hierbei in der Förderung von Konsensfähigkeit als Leitmotiv sozialer Interaktionen. Kinder, die lernen, dass nur ein selbstbestimmtes „Ja“ der anderen Kinder Zustimmung bedeutet, entwickeln ein besseres Verständnis für gesunde Beziehungen und Grenzen. Obwohl in den meisten Bundesländern Rahmenlehrpläne die Thematisierung sexuellen Missbrauchs in Grundschulen vorsehen, wird dies in der Praxis selten umgesetzt. Gründe hierfür sind Unsicherheiten bei Lehrkräften und Eltern, fehlende Priorisierung durch Schulleitungen sowie strukturelle Barrieren. Diese Hindernisse wurden im Anschluss an den Impulsvortrag ausführlich diskutiert.
Die Prävention darf sich nicht allein auf die Wissensvermittlung an Kinder beschränken. Um die Zahl der Betroffenen sexuellen Missbrauchs nachhaltig zu reduzieren, sind primärpräventive Maßnahmen erforderlich, die sich an potenzielle Täter_innen und Bystander richten. Kampagnen für Erwachsene sind essenziell, da die Verantwortung für den Schutz von Kindern bei der erwachsenen Gesellschaft liegt.
Text: Prof.in Dr.in Karla Verlinden