Zum Hauptbereich springen Zum Fußbereich springen
| Paderborn,

Sommerhochschule: Innovative Konzepte für den Kinderschutz in ländlichen Räumen

Weitläufige Entfernungen und eine schwache Infrastruktur, besonders enge soziale Beziehungen und eine ausgeprägte gegenseitige Verwiesenheit, eine große Bedeutung von Vereinen oder ein traditionelles Familienbild: Soziale Arbeit im ländlichen Raum birgt eine ganze Reihe an Themen und bringt besondere Anforderungen mit sich. Sind Kinder oder Jugendliche gefährdet oder haben sie und ihre Eltern besonderen Unterstützungsbedarf, dann müssen Fachdienste stimmige Konzepte vorhalten, die zur Lebensführung passen. Dies gilt besonders, wenn nur das Fährschiff oder der Bus nur zweimal am Tag fährt und soziale Dienste nur in der Kreisstadt verfügbar sind. Hinzu kommen angesichts steigender Mieten und Gentrifizierung Prozesse der Verdrängung aus urbanen Räumen.

Gruppenbild in Emden: Die Teilnehmer_innen der katho Paderborn mit Prof. Dr. Michael Böwer (li.).

Mit diesen Themen beschäftigten sich vom 7. bis 9. September insgesamt 160 Studierende aus zehn Hochschulen in Deutschland und der Schweiz in der Sommerhochschule Kinderschutz an der FH Emden/Leer. Organisiert von der Bundesarbeitsgemeinschaft Die Kinderschutz-Zentren e.V. und der lokalen studentischen Vorbereitungsgruppe aus dem Fachbereich Sozialwesen der Hochschule wurden über drei Tage praxisnahe Vorträge, Diskussionsrunden und zwanzig Praxis-Workshops zu folgenden Fragestellungen angeboten:

  • Was genau ist besonders für eine Förderung von jungen Menschen und für den Kinderschutz im ländlichen Raum und in strukturschwachen Regionen?
  • Was sind zentrale Problemfelder und Aufgaben Sozialer Arbeit und des Kinderschutzes dort?
  • Welche Konzepte braucht es und woran muss künftig verstärkt gearbeitet werden?
  • Was brauchen künftige Fach- und Führungskräfte im Kinderschutz?

Ergänzt durch eine Fahrt auf die Nordseeinsel Norderney, wo bei typisch wechselhaftem Nordseewetter freie und öffentliche Träger in den Blockhäusern des Jugendzeltplatzes Dünensender ihre Arbeit vorstellten, wurde den Studierenden mit dieser bereits zum fünften Mal stattfindenden Veranstaltungsform einer Sommerhochschule eine besondere Gelegenheit zum Austausch mit anderen Studierenden, mit Praktiker_innen vor Ort und mit anderen Hochschullehrenden gegeben. Gerade nach der langen Zeit der Onlinesemester war die Studienfahrt für viele Studierende eine der ersten gemeinsam geteilten Erlebnisse mit den Kommiliton_innen und Lehrenden, wo natürlich auch eine Mensaparty und Live-Musik auf dem Hochschulcampus nicht fehlen durfte. Die Paderborner Gruppe bestand aus 18 Studierenden, die derzeit ihr Praxissemester in den Trägern und Einrichtungen und parallel den Zertifikatskurs „Kompetent im Kinderschutz“ der Abteilung absolvieren. Sie wurden von ihren Lehrenden Prof. Dr. Michael Böwer als Inhaber der Schwerpunktprofessur des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Programmes WiN innovation und Annabell Timmer, MA, in ihrer Funktion als Promovierende im Programm WiN doctorate und Jugendhilfeplanerin des Kreises Paderborn begleitet. Von Seiten der Abteilung Münster nahm auch in diesem Jahr eine ebenso große Gruppe von Studierenden unter Begleitung durch Prof.in Dr.in Sabine Ader, Prof.in Dr.in Eva Stuckstätte und Prof.in Dr.in Judith Haase an der Sommerhochschule teil.

Die Auswertung der Studienfahrt ergab vielfältig positive Eindrücke und Ergebnisse: Gelobt wurde die Organisation vor Ort hinsichtlich Zeitstruktur, Verpflegung, der schönen Atmosphäre und Abendgestaltung und das hier sichtbar werdende hohe Engagement der studentischen Vorbereitungs- und Begleitgruppe. Hervorgehoben wurden die vielfältigen Auswahlmöglichkeiten bei den Workshops mit der so bestehenden Möglichkeit, eigenen Interessen im Tätigkeitsfeld folgen zu können und sich mit Studierenden und Fachkräften z.B. aus dem ASD und Beratungsstellen austauschen zu können. Die Studierenden berichteten, dass sie neue Eindrücke etwa zur Fachberatung bei sexualisierter Gewalt, zu Methoden aus der Praxis und zur Digitalisierung gewinnen konnten. Sie wünschten sich mehr solche Angebote und betonten die Bedeutung des Praxisbezuges für die eigene Reflexion, was von Praxis erwartet werde – und man selbst von ihr erwarte. 

Direkt aufgenommen wird der Wunsch nach weiter vertieftem Austausch: als Teil der Zertifikatsreihe findet ein Auswertungstreffen zum Monatswechsel statt, in das auch erste Erfahrungen aus dem eigenen Praxissemester im ländlichen Raum Westfalen-Lippes einfließen sollen. Noch vor Ort in Emden bekräftigte der Workshop der begleitenden Lehrenden im dort erarbeiteten Positionspapier: Kinderschutz als Bestandteil des Studiums müsse stets verbunden sein mit der Reflexion von professioneller Haltung und von Strukturen des Hilfesystems sowie einem ganzheitlichen Verständnis von Förderung, Schutz und gesellschaftspolitischer Aufmerksamkeit zugunsten des Kindeswohls.

 

Bild: Keno Burmester, BAG Die Kinderschutz-Zentren e.V.
Text: BAG Die Kinderschutz-Zentren u. Prof. Dr. Michael Böwer

 

Weitere Informationen und einen Podcast zum Thema der Sommerhochschule finden Sie hier:

Annabell Timmer, MA

a.timmer(at)katho-nrw.de

2022 Soziales Studium Paderborn Nachbericht
Zum Kopfbereich springen