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| Münster,

„Damit der Tod von Tilman nicht umsonst gewesen ist"

Die Tilman-Holze-Stiftung für Drogenprävention war zu Gast in Praxisbegleitseminaren an der katho am Standort Münster.

Foto von links nach rechts: Prof. Dr. Kolja Heckes, Christiane Holze, Dr. Erhard Holze, Prof.in Dr.in Judith Haase

Im Jahr 2017 verlor das Ehepaar Holze seinen Sohn Tilman im Alter von nur 24 Jahren nach vielen Jahren der Drogenabhängigkeit durch eine Überdosis Opioide. Im Jahr 2020 gründeten die Eltern die nach ihrem Sohn benannte Tilman-Holze-Stiftung, die sich für Aufklärung und Drogenprävention einsetzt, Familien hilft, Vorträge und Workshops veranstaltet und Projekte fördert. Am 14. Mai 2024 waren Christiane und Dr. Erhard Holze zu Gast in den Praxisbegleitseminaren „Kinder- und Jugendhilfe“ (Prof.in Dr.in Judith Haase) und „Psychiatrie und Sucht“ (Prof. Dr. Kolja Heckes) der katho am Standort Münster.

Vor den rund 30 Studierenden der beiden Kursgruppen schilderten Christiane und Erhard Holze, wie ihr Sohn zu Drogen kam – zunächst zu vermeintlich „weichen“ Drogen wie Cannabis, später zu Opioiden, aber auch zu Benzodiazepinen, die ihm von einem Arzt in großen Mengen verschrieben wurden. Die Überdosis erfolgte durch Fentanyl, ein sehr starkes synthetisches Opioid, das in der Medizin als Schmerzmittel eingesetzt wird. Die extrem hohe Potenz und das Risiko von Überdosierungen machen es zu einer der gefährlichsten Substanzen auf dem illegalen Drogenmarkt.

Beide schilderten Umstände, die den Konsum von Drogen begünstigen – Umstände, die im Leben vieler Jugendlicher zu finden sind wie Ängste, Schulmüdigkeit und die Suche nach beruflicher Orientierung und persönlicher Zukunft. Durch die chronologische Schilderung der Ereignisse wurde anschaulich, wie sehr es weitverbreitete Lebensumstände und alltägliche Probleme im Erwachsenwerden und im Leben junger Menschen sind, die sukzessive den Drogenkonsum begünstigen können. Bis die Menschen realisieren, dass er nicht mehr zu kontrollieren ist, ist es zumeist schon zu spät für einen leichten Ausstieg.  Greifbar für die Studierenden wurde auch, wie schwer diese allmähliche Entwicklung für Familie und Außenstehende zu erkennen ist.

 

Hürden des Systems

Es wurde aber auch geschildert, wie Tilman Holze immer wieder Motivation schöpfte, um von den Drogen loszukommen und einen Weg zurück in ein drogenfreies, unabhängiges Leben zu finden. Dabei stieß er immer wieder auf Hindernisse: Ärzt*innen, die den Ernst der Lage zu lange nicht erkannten. Ausreden finden für das tägliche Späterkommen oder Frühergehen bei der Arbeit, um an einem Substitutionsprogramm teilnehmen zu können, das nur innerhalb der Öffnungszeiten in der Arztpraxis angeboten wurde. Oder eine Reihe von Psychiatrien, Suchtkliniken und ambulanten Behandler*innen, die ihn ablehnten, weil er entweder „noch nicht weit genug unten“ oder nicht „clean“ sei. Und nicht zuletzt die Scham vor der gesellschaftlichen Be- und Abwertung.

Gegen Ende des Seminarbesuchs wandten sich die beiden Seminarleiter*innen Haase und Heckes noch einmal mit einer persönlichen Frage an das Ehepaar Holze: „Die Studierenden starten jetzt bald in ihre Praxisphase und haben nach ihrem Abschluss an der katho meist dreißig bis vierzig Jahre Berufstätigkeit in der Sozialen Arbeit vor sich. Wie schafft man es, konfrontiert mit solchen Biographien und Herausforderungen, nicht den Mut zu verlieren? Und woher nehmen Sie nach allem, was Sie als Eltern erlebt haben, die Kraft für diese so wichtige Arbeit?“  „Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt", zitierte Erhard Holze, der wie seine Frau Christiane Theologe ist, daraufhin aus dem Talmud.

Text: Prof.in Dr.in Judith Haase und Prof. Dr. Kolja Heckes
Foto: Pia Holtmann

 

Prof. Dr. Kolja Heckes

Prof. Dr. Kolja Heckes

Fachwissenschaft Soziale Arbeit

Münster, Sozialwesen

Prof. Dr.  Judith Haase

Prof. Dr. Judith Haase

Beauftragte für den Bereich Praxis & Supervision (Soz. Arbeit)

Münster, Sozialwesen

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