Das CARS veröffentlicht Working Paper #014 von Günther Jikeli
An der Arbeitsdefinition zu Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), die als Leitlinie für eine Klassifizierung von antisemitischen Vorfällen dient, wird Kritik laut, insbesondere aus aktivistischen und akademischen Kreisen. Eine Durchbuchstabierung des Texts der Definition zeigt, dass die Kritik sachlich weitgehend unbegründet ist. Weder der Text selbst noch die Anwendung der Definition schränken die Meinungsfreiheit ein oder führen zu unzulässiger Zensur. Im Gegenteil, die Arbeitsdefinition kann helfen, Antisemitismus in seinen aktuellen Ausformungen konkret zu benennen, zu erfassen und Grenzen zwischen legitimer Kritik und Ressentiment zu schärfen. Dass Antisemit_innen oder deren Freund_innen nicht begeistert sind, wenn einige ihrer Äußerungen als möglicher Ausdruck antisemitischer Ressentiments durch eine konkrete Benennung als solche entlarvt werden, sollte nicht verwundern.
Der Autor
Günther Jikeli Jr., Historiker und Soziologe, hat die Erna B. Rosenfeld Professur am Institute for the Study of Contemporary Antisemitism an der Indiana University inne und leitet die dortige Forschungsgruppe „Social Media & Hate“. Er ist Associate Professor in Germanic Studies und Jüdischen Studien an der Indiana University in Bloomington und Autor u.a. von European Muslim Antisemitism. Why Young Urban Males Say They Don't Like Jews (Indiana University Press, Bloomington 2015).