katho besucht Partnerhochschule in Haifa: Studentische Bildungsreisen und enge Kooperationen vereinbart
Eingeladen war die Hochschulleitung der katho, bestehend aus Rektor Hans Hobelsberger, Prorektor Martin Klein, Kanzler und Geschäftsführer Bernward Robrecht sowie Verwaltungsdirektor Meinolf Sprink, außerdem die Co-Leitung und weitere Mitglieder des Centrums für Antisemitismus- und Rassismusstudien (CARS) an der katho, Prof. Dr. Stephan Grigat, Prof. Dr. Markus Baum sowie Bianca Gabrielli als Referentin des Instituts.
Gedenkzeremonie anlässlich des Jom haShoa
Der Gedenktag anlässlich des Warschauer Ghettoaufstandes von 1943, der Jom haShoa, jährte sich dieses Jahr zum 80. Mal. Die Delegation der katho nahm in diesem Rahmen an der Gedenkzeremonie in der Aula des Gordon Academic College teil, bei der in Ansprachen, musikalischen Beiträgen und Kunstinstallationen den Opfern des Holocaust sowie den jüdischen Widerstandskämpfer_innen gedacht wurde. Kanzler Bernward Robrecht hielt zu diesem Anlass eine bewegende Rede, in der er die besondere Verantwortung Deutschlands für den Staat Israel bekräftigte. Mit dabei: Eine Skulptur des Bonner Diakons Ralf Knoblauch, dessen aus Holz geschnitzte Figuren – gekrönte Königinnen und Könige – an die Würde des Menschen im Verborgenen erinnern und mittlerweile weltweit beherbergt werden.
Besuch sozialer Einrichtungen
Auf dem Programm standen außerdem der Besuch des religiösen Kibbuz Lavi sowie verschiedener sozialer Einrichtungen, um sich fachlich über Themenfelder der Sozialen Arbeit und der Eingliederung beeinträchtigter Menschen auszutauschen.
Wertvolle Einblicke bot beispielsweise eine Führung durch das Clubhouse in Tiberias, das beeinträchtigten Menschen eine breite Palette von Positionen und Arbeitsmöglichkeiten bietet und ihnen damit erlaubt, mit einer auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Unterstützung einen angemessenen Lebensunterhalt zu verdienen. Grundgedanke dieses Modells ist dabei die Idee der Mitgliedschaft: Im Gegensatz zur gesellschaftlichen Praxis, Menschen in einer psychischen Krise als „Patient_innen“ wahrzunehmen, werden sie im Clubhouse zu Mitgliedern und gleichberechtigten Kolleg_innen, die auf Augenhöhe und ohne Hierarchien in die Organisationsprozesse der Einrichtung eingebunden werden. Die Arbeit orientiert sich dabei an den Stärken und Interessen des jeweiligen Mitglieds und wird auf allen Ebenen gemeinsam erledigt, sei es bei der Erstellung eines Budgetplans oder bei der Organisation der hauseigenen Cafeteria. Diese große Vielfalt ermöglicht es jeder_m, ihren_seinen Platz in der Gemeinschaft zu finden, Beziehungen und Freundschaften zu anderen Kolleg_innen zu entwickeln und ein Gefühl der Bestärkung und des Erfolgs zu erleben, was die Mitarbeiter_innen in lebendigen Gesprächen und Präsentationen eindrucksvoll vermittelten.
Kooperationen ausbauen, Vernetzung stärken
Auf Einladung von Prof. Yecheskel Taler, Präsident des Gordon Academic College of Education, sowie des Vizepräsidenten Igal Sheinis wurde anschließend in Workshops zusammengearbeitet, um die bestehenden Kooperationen im Bereich der Antisemitismusbekämpfung zu vertiefen und neue Projekte auf den Weg zu bringen.
In Fachgesprächen mit Dr. Eli Vinokur, Dr. Avital Hecht und weiteren Mitarbeiter_innen des GACE wurde dabei u.a. ein umfangreiches Bildungsprogramm im Form eines gemeinsamen Seminars vereinbart, das strukturell in die Lehrpläne beider Hochschulen integriert und dauerhaft verstetigt werden soll. Dieses Seminar wird in Teilen gemeinsam mit israelischen und katho-Studierenden durchgeführt und umfasst zwei dicht getaktete Bildungsreisen nach Israel sowie NRW/Berlin, wo die Studierenden in Workshops zusammenarbeiten sowie mit- und voneinander lernen sollen.
Für Deutschland sind hier Besuche politischer Einrichtungen, Gedenk- und Bildungsstätten sowie zivilgesellschaftlicher Initiativen geplant, die sich schwerpunktmäßig mit aktuellen Formen des Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft auseinandersetzen. In Israel sind darüber hinaus Exkursionen in die Grenzgebiete und Gespräche mit drusischen und arabischen Aktivist_innen angedacht. Neben der Erweiterung des historischen und aktuellen Wissens bestehen die Ziele des gemeinsamen Seminars in der Vermittlung eines aktuellen und vielschichtigen Bildes beider Länder, um Vorurteile abzubauen und das gegenseitige Verständnis zu fördern. Im Sinne nachhaltiger Demokratieförderung sollen die Studierenden außerdem die Fähigkeit erwerben, Antisemitismus als solchen zu erkennen, zu benennen und ihm aktiv entgegenzuwirken.
Desweiteren ist angedacht, die Kooperation zwischen dem Gordon Academic College und der katho im Rahmen internationaler Netzwerke voranzubringen, beispielsweise bei Konferenzen sowie durch Einbindung in das Research Network „Ethnic Relations, Antisemitism and Racism“ der European Association of Sociology und des International Network of Antisemitism Scholarship und seiner Collaborative Online Seminar Series. Geplant ist außerdem die Publikation fachwissenschaftlicher Beiträge im Rahmen der Working Paper-Reihe des CARS, deren erste 12 Paper im Juni 2023 – und dann in Folge – unter dem Titel „Kritik des Antisemitismus in der Gegenwart: Erscheinungsformen – Theorien – Bekämpfung“ im Nomos-Verlag erscheinen. Auch eine Beteiligung israelischer Fachwissenschaftler_innen und Studierender bei der 2. CARS Sommerakademie im Jahr 2024 ist in Planung.
Den Abschluss der Reise bildete am letzten Tag ein Treffen mit dem stellvertretenden Leiter des NRW-Landesbüros in Tel Aviv, Dr. Nikolaj Beier. In einem angeregten und konstruktiven Gespräch wurden dabei Möglichkeiten ausgelotet, die Kooperation und insbesondere den Bildungsaustausch gemeinsam zu gestalten und zu begleiten.
Hintergrund: Die Partnerschaft zwischen der katho und dem GACE
Das 1953 gegründete Gordon Academic College (GACE) ist eine der ältesten Lehrerausbildungseinrichtungen in Israel und seit vielen Jahren Partnerhochschule der katho mit dem Schwerpunkt interkultureller und interreligiöser Dialog. Der Austausch findet dabei über verschiedene Formate statt: Studierendenaufenthalte, gemeinsame Forschungsprojekte, Seminare in Blended Learning-Formaten sowie Aktivitäten zur Erinnerungskultur.
Ausdruck dieser Vernetzung und bilateralen Zusammenarbeit mit dem GACE ist die gemeinsame Initiative „Countering Antisemitism – Past, Present and Future, Through Education“, die auf Einladung des Büros des Landes Nordrhein-Westfalen in Israel im März 2022 in einem Festakt in Tel Aviv unterzeichnet wurde, um in Zukunft im Rahmen verstärkter innovativer Bildungs- und Forschungsprojekte gemeinsamen gegen den gegenwärtigen Antisemitismus vorzugehen.
Im Rahmen dieses Engagements wurde 2020 auch das Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien gegründet, das durch Forschungs- und Lehrprojekte sowie durch die Vernetzung und Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteur_innen von Wissenschaft, Praxis Sozialer Arbeit, Zivilgesellschaft und internationalen Kooperationspartner_innen einen Beitrag gegen Antisemitismus und Rassismus leistet.
Weitere Informationen
- Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien (CARS)
- Grigat, Stephan (Hg.): Kritik des Antisemitismus in der Gegenwart. Erscheinungsformen – Theorien – Bekämpfung, Baden-Baden 2023
- Ralf Knoblauch: Königsskulpturen
- Artikel 17.03.2022: Gemeinsame Initiative unterzeichnet: Meilenstein der Partnerschaft mit dem Gordon College in Israel