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| Münster,

„Mitleid nervt“ - Veranstaltung zur Lebenssituation von Familien mit Kindern mit einer (chronischen) Erkrankung und/oder Behinderung an der katho in Münster

„Teilhabe mit Stolpersteinen – Teilhabe ermöglichen“ – unter diesem Titel fand am 1. März 2023 an der katho in Münster eine Veranstaltung des Kinder- und Jugendhospizdienstes „Königskinder“ und des Vereins „Bunter Kreis Münsterland“ statt.

Oberbürgermeister Markus Lewe (li) und Moderator Stefan Werding

"Stolpersteine"

Die „Königskinder“ und der „Bunte Kreis“ haben gemeinsam mit Eltern einen kleinen Knigge erarbeitet.

Der Andrang war groß! Zusätzliche Stühle mussten geholt werden. Alle waren überrascht und erfreut über das große Interesse, so auch Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe, der zu Beginn in seinen Begrüßungsworten seine Begeisterung über die Resonanz zum Ausdruck brachte, die die Veranstaltung gefunden hat. Auch NRW Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann richtete sich in einer Videobotschaft an das Publikum und erklärte sein Interesse, die Themen und Ergebnisse des Abends aufzunehmen und auf politischer Ebene Handlungsmöglichkeiten daraus zu entwickeln.

Podium mit interessanten Gästen

Moderator Stefan Werding führte mit immer wieder auflockernden Kommentaren durch das abwechslungsreiche Programm. Eine Podiumsdiskussion mit interessanten Gästen aus der Praxis, der Politik und Wissenschaft und insbesondere betroffenen Eltern gab Raum, Teilhabemöglichkeiten und Herausforderungen zu diskutieren. Prof.in Dr.in Sabine Schäper von der katho Münster brachte die Perspektive der Teilhabeforschung ein, die Teilhabebarrieren sichtbar machen kann. Sie betonte den Auftrag der Hochschule, künftige Fachkräfte auszubilden, die in der Lage sind, gemeinsam mit Familien Stolpersteine zu identifizieren und zu beseitigen. Es zeigten sich aber auch Widersprüche, die schwer auflösbar sind, so etwa die begrenzten Ressourcen in vielen Bereichen. Es sei auch eine Frage an die Gesellschaft, wie viele Mittel bereitgestellt werden, um die Lebensqualität der Familien zu verbessern.

Alltägliche Erfahrungen als Stolpersteine

Einige Eltern von Kindern mit Behinderung aus der Elterngruppe WIR trugen symbolisch Stolpersteine aus ihren alltäglichen Erfahrungen auf die Bühne. Neben großen finanziellen Herausforderungen sowie einem hohem Bürokratieaufwand, wie z.B. die Beantragung von notwendigen Hilfsmitteln bei der Krankenkasse, die immer wieder abgelehnt werden, berichteten die Eltern vor allem auch von exkludierenden Alltagssituationen: der Spielplatz, der nicht barrierefrei ist; der Aufzug, der im Theater fehlt; die Einsamkeit, weil sich andere Familien nicht für sie interessieren; die Traurigkeit darüber, dass ihr Kind auf keinen Kindergeburtstag eingeladen wird.

Ein Knigge macht's deutlich

Die „Königskinder“ und der „Bunte Kreis“ haben gemeinsam mit Eltern einen kleinen Knigge erarbeitet, der für jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin ausgelegt wurde: „Mein Kind ist behindert und was sie dazu wissen sollten!“ Hier beschreiben Eltern sehr prägnant ihre alltäglichen Erlebnisse – was sie nicht mehr hören oder erleben wollen, was sie sich von ihren Mitmenschen wünschen würden. Zwei Kurzfilme erlaubten einen sehr unmittelbaren Einblick in die Lebens- und Alltagswelt von zwei Familien mit einem Kind mit Behinderung, in denen Kränkungen und Enttäuschungen ebenso spürbar wurden wie die Lebensfreude, die in den Familien genauso Platz hat wie in anderen.

Austausch im World Café

Nach einer kleinen Stärkungspause startete der zweite Teil des Abends mit einem World Café. Hier hatten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen, darunter auch viele Eltern, die Möglichkeit, sich zu speziellen Themen auszutauschen und Wünsche im Blick auf ihre Teilhabemöglichkeiten als Familie zu formulieren. In intensiven Gesprächen entstanden neue Erkenntnisse, Ideen für eine Vernetzung sowie ein verstärktes Bewusstsein, dass viele verschiedene Akteure sich für die Interessen von Familien mit Kindern mit Behinderung gemeinsam stark machen müssen.

Zum Ende nahmen die Eltern die symbolisch aufgestellten Stolpersteine nochmals auf, indem sie appellierende und hoffnungsvolle Erwartungen benannten.

Insgesamt gingen alle Teilnehmenden bereichert auseinander – bereichert von den persönlichen Begegnungen, von der wertschätzenden Atmosphäre und bereichert um die eine oder andere konkrete Idee, was einzelne in ihrer Rolle schon morgen tun können, um die Lebenssituation von Familien mit einem Kind mit Behinderung oder chronischer Erkrankung zu verbessern. Vor allem funktionierende Netzwerke sind eine wichtige Basis für die Chance auf Teilhabe.

 

Text und Fotos: Theresa Potthoff, Mareike Dißmeier

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