„Andere zur Unabhängigkeit führen“ – Zur Aktualität von Cora Baltussen (1912 – 2005)
Wer war Cora Baltussen?
Volker Jörn Walpuski, Professor für Supervision und Coaching an der Evangelischen Hochschule Freiburg, hat über Baltussen promoviert und war der Hauptreferent an diesem Abend. In seinem Vortrag „‘Andere zur Unabhängigkeit führen‘ – Der Beitrag von Cora Baltussen zur Praxis und Supervision im Sozialwesen“ stellte er die 1912 geborene, mit 14 Geschwistern aufgewachsene und zutiefst katholisch geprägte (u.a. als Oblatin bei den Benediktinerinnen in Antwerpen) Niederländerin vor. Nach ihrer Ausbildung zur Sozialarbeiterin in Brüssel, London und Rom ist sie in Helmond (NL) in der Fabriksozialarbeit tätig. Sie engagiert sich im Widerstand gegen die deutsche Besatzung für Humanität und Demokratie. Nach ihrem Psychologiestudium lernt sie in den 1950er Jahren durch ein Stipendium in den USA Casework und Supervision (u.a. bei Carl Rogers) kennen. Zurück in Europa baut sie mit dieser Qualifikation Supervisionsausbildungen auf. Walpuski zeichnete detailliert ihren Beitrag zu Casework und Supervision in den 1950er und 60er Jahren in Europa nach, der von kultureller und transnationaler Offenheit, sowie einer christlich-humanistischen und demokratisch-emanzipatorischen Haltung geprägt war. Dabei ging es ihr im Kern um „den aufrechten und unabhängigen Geist“, das „selbständige Denken“. Die „Akademie für Jugendfragen“ mit Sitz in Münster, eine katholische Einrichtung zur Weiterbildung von Priestern und Hauptamtlichen in der kirchlichen Jugendarbeit, sei dabei eine von fünf Ausbildungsstätten gewesen, von denen die Supervisionsentwicklung in Deutschland ihren Ausgang nahm. In vier Thesen fasste der Referent schließlich die Aktualität Baltussens zusammen – ein guter Ausgangspunkt für die anschließende Podiumsdiskussion.
Die Bedeutung von Demokratie und politischem Mandat in der Supervision
Helmut Lambers, bis 2019 Professor für Sozialarbeitswissenschaft an der katho, Anna Hürten, Sozialarbeiterin, Master-Absolventin in Politikwissenschaft, Philosophie und Gender-Studies und Lehrbeauftragte an der katho, Dieter Eissing, Heilpädagoge und Supervisor, und Jens Wortmann, Politikwissenschaftlicher und Lehrkraft für besondere Aufgaben, diskutierten unter der Moderation von Prof. Dr. Jörg Rövekamp-Wattendorf und Prof.in Dr. Ursula Tölle über das Gehörte. Wo stehen wir im Sozialwesen und speziell in der Supervision heute mit Blick auf die Bedeutung der Methodenlehre, mit Blick auf Demokratisierung, das Spannungsverhältnis von Individuum und Gesellschaft und ein notwendiges politisches Mandat der Supervision, der Sozialen Arbeit und Heilpädagogik/Inklusiven Pädagogik? Beratungshandeln sei Kompromisshandeln und dadurch demokratisches Handeln – das habe sie durch Cora Baltussen gelernt, meinte abschließend Martha Fehlker, emeritierte Professorin für Psychologie der katho am Standort Münster.
Ein aufschlussreicher und inspirierender Abend!
Zum Weiterlesen:
Volker Jörn Walpuski: Zwischen Restauration und Inneren Reformen. Cora Baltussens transnational kontextualisiertes Leben und Wirken als Beitrag zur Entwicklung der Supervision in der Bundesrepublik Deutschland in den 1960er Jahren, Weinheim 2023.
Text: Prof.in Dr. Andrea Tafferner
Fotos: Sarah Althöfer
Prof. Dr. Jörg Rövekamp-Wattendorf
Professor
Münster, Sozialwesen
Prof. Dr. Ursula Tölle
Professorin
Münster, Sozialwesen